Wie viel Farbe darf es sein?
Terracottafarbene Häuserfassaden in Italien, ein Schwedenhaus in sattem Dunkelrot. Farbenfrohe Fassaden sind beliebte Fotomotive – und gerade im Ausland durchaus verbreitet. Mehr als verständlich also, wenn der eine oder andere auch seine eigenen vier Außenwände hier in Deutschland farbig gestalten möchte. Wer sein Farb-Vorhaben umsetzen will, sollte sich allerdings vorab gut informieren. Denn im Bürokratieland Deutschland gilt es einiges zu beachten. Mit diesem Überblick bist du gut gewappnet.
Für Fassadenfarben gelten in Deutschland unterschiedliche Regeln. Es kommt zum Beispiel darauf an, in welchem Bundesland du wohnst und ob sich dein Haus mitten im Ortskern befindet oder in einem Neubaugebiet. Für denkmalgeschützte Häuser oder Häuserensembles gelten noch einmal andere Richtlinien.
Erster Stopp: Bebauungsplan
Wenn du Lust auf eine farbenfrohe Fassade hast, solltest du dich also über die Vorgaben informieren, die für deinen Standort gelten. Der erste Weg führt dabei in der Regel zur zuständigen Gemeinde oder Stadt: Oft gibt es einen örtlichen Bebauungsplan mit Gestaltungsvorgaben für Wohnhäuser. Darin können zulässige und unzulässige Fassadenfarben festgehalten sein – aber auch Angaben zum Aussehen von Fenstern und Türen sowie den Dachziegeln.
Manche Gemeinden schreiben sogar vor, dass die Fassadenfarbe bei einer Neugestaltung vorher mit ihnen abgeklärt werden muss, oder bieten sogenannte Farbleitpläne an, an denen du dich orientieren kannst. Klingt alles etwas kompliziert? Stimmt, allerdings kann dir der Bebauungsplan auch dabei helfen, eine geeignete Farbe für deine Fassade auszuwählen.
Das Einfügungsgebot nach dem Baugesetzbuch
Es gibt keinen Bebauungsplan? Und die Nachbarn haben auch nichts dagegen? Dann kann’s ja losgehen! Nein, ganz so einfach funktioniert es leider nicht. Auch wenn es keine offiziellen Vorgaben gibt, kann die Gemeinde oder die Stadt teilweise Einwände gegen farbige Fassadenanstriche geltend machen. Denn prinzipiell gilt das Einfügungsgebot nach Paragraf 34 aus dem Baugesetzbuch. Demnach muss sich ein Gebäude „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen“. Was „die Eigenart“ und die „nähere Umgebung“ genau bedeuten, präzisiert das Gesetz allerdings nicht. Dennoch darf die Baubehörde prüfen, ob der Anstrich ihrem Verständnis des Paragrafen entspricht.
Hintergrund für das Gesetz ist, dass das Stadtbild oder auch ein Ortskern in seiner Anmutung erhalten werden soll. Das bedeutet, bei einem Haus neben einer Kirche oder sonstigen historischen Gebäuden dürfte der Gestaltungsspielraum kleiner ausfallen. Befindet es sich dagegen in einem Neubaugebiet, stehen die Chancen auf eine freie Farbwahl besser. Nicht erlaubt sind häufig sehr auffällige oder dunkle Fassadenfarben oder auch glänzende Materialien.
Was die Bundesländer dazu sagen
Du hast es fast geschafft! Jetzt sind nur noch die Bundesländer dran: Zusätzlich zum Baugesetzbuch erheben die Bundesländer eigene Vorgaben – und zwar in der jeweiligen Landesbauordnung. Dabei ist der Fassadenanstrich zwar erst einmal genehmigungsfrei, allerdings setzen die Länder dennoch ästhetische Grenzen. Ähnlich wie der Paragraf 34 sind sie aber nicht sehr konkret und zielen auf ein harmonisches Gesamtbild ab. In der hessischen Bauordnung steht beispielsweise, dass Werkstoff und Farbe so gestaltet sein müssen, dass die Fassade nicht verunstaltet wirkt. In Berlin werden als verunstaltend zusätzlich auch Farbschmierereien und unzulässige Beschriftungen genannt.
Du möchtest vor dem Anstrich wissen, wie die Hausfassade in deiner Wunschfarbe wirkt?
Sonderfall: Denkmalschutz
Wohnst du in einem denkmalgeschützten Haus, gibt es noch einmal andere Regeln zu beachten. Denn um die Anmutung der Zeitepoche, aus der das Haus stammt, zu erhalten, ist teilweise ein bestimmter Anstrich oder eine gewisse Farbpalette erwünscht. Oft beziehen sich die Farben auf den Originalzustand der Fassade. Beim sogenannten Ensembleschutz werden beispielsweise ganze Gebäudereihen in einem Stil erhalten, um ein Stück Geschichte zu bewahren. Deshalb musst du dir einen neuen Hausanstrich meistens von der Denkmalschutzbehörde genehmigen lassen.
Ab auf die Zielgerade: Farbwahl treffen
Wie finde ich also eine Fassadenfarbe, die erlaubt ist? Außer sich bei der zuständigen Gemeinde oder Stadt zu informieren, lohnt es sich, einfach mal durch die Straße oder auch das Viertel zu schlendern und sich umzusehen. Es ist üblich, dass Häuserzeilen und Einfamilienhäuser in einem Straßenzug ähnliche Fassaden haben. Lass dich von den Farben inspirieren. So bekommst du ein Gefühl dafür, welche Farbe die richtige für deine Fassade sein könnte.
Farbwahl getroffen? Dann kann es jetzt losgehen! Alles, was du zur Vorbereitung wissen musst.