Mit angestrichenen Möbeln zum neuen Farbkonzept
In Ländern wie Skandinavien, Frankreich und England gehören angemalte Möbel zur alltäglichen Einrichtung, und es wird sowohl für Wände als auch Möbel beherzt zur Farbe gegriffen. Insbesondere in England habe ich während meines Studiums erlebt, dass die Lust der Menschen auf Veränderung und auf ein schönes Zuhause meistens größer war als die Vernunft.
Die Frage, ob man sich den ausgewählten Farbton möglicherweise nach zwei Jahren „sattgesehen“ haben könnte, wurde damit beantwortet, dass man notfalls überstreichen könne. Die Frage, ob sich die Investition in den Farbtopf und die eingesetzte Arbeitszeit lohnen würde, kam erst gar nicht auf. Auch der Anspruch auf perfektioniertes Malerhandwerk hielt sich oft in Grenzen ‒ umso größer war dafür die Freude über das vollbrachte Werk.
Wir in Deutschland „ticken“ etwas anders als die Engländer: Seit Jahrzehnten sind in unserem Land die weißen Wände etabliert, und auch das „gute Holz“ wird nur höchst ungerne gestrichen. Wir haben weniger Übung mit der Farbgestaltung unserer Räume, können uns oft nur schwer entscheiden, investieren gerne in wertsteigernde Dinge und verschwenden ungerne unsere Zeit mit einem Streichprojekt, das möglicherweise nicht so schön wird wie erhofft.
Seit 2010 vertreibt Anna von Mangoldt unter eigenem Namen erfolgreich hochwertige Farbe für Wände und Möbel. Bereits während ihres Geschichts- und Kunstgeschichtsstudiums wird Anna klar, dass sie beruflich etwas Kreatives machen möchte. Deshalb beginnt sie ein Praktikum bei der Farbdesignerin Annie Sloan in Oxford und das verändert ihr Leben. Anna lebt und denkt seither in Farbe. Die Freude über verschiedene Farbtöne und deren gestalterische Möglichkeiten motivieren sie täglich. Als echte Farbexpertin gibt Anna hier Tipps fürs richtige Lackieren von Möbeln.
Trotzdem hat sich in den letzten Jahren spürbar die Lust auf mehr Farbe in unseren Wohnräumen breitgemacht. Die Unsicherheit, wie man ein Möbelstück richtig anstreicht und welche Farbe man dafür nimmt, ist aber immer noch groß.
Ich wurde damals angesteckt von der Streichlust der Engländer und habe in den letzten zehn Jahren unzählige Möbel farblich verändert. Dabei habe ich viel ausprobiert, Fehler gemacht und vor allem immer wieder begeistert festgestellt, wie man mit Farbe alte oder unansehnliche Möbelstücke aufwerten kann. In diesem Beitrag möchte ich meine wichtigsten Erfahrungen der letzten zehn Jahre teilen und euch dazu animieren, ein altes oder unansehnliches Möbelstück zu verschönern anstatt es wegzuschmeißen oder in die Ecke zu stellen.
Was für Möbelstücke kann man streichen?
Im Prinzip kann man alle Möbel streichen, es bedarf nur der richtigen Vorbehandlung beziehungsweise Grundierung. Bei Antiquitäten, Designermöbeln oder hoch beanspruchten Möbelstücken wäre ich zurückhaltend und würde mich erst mal den Weichholzkommoden, simplen Holzstühlen, Eichenvitrinen und dunkel gebeizten Schränken widmen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Kunden schicken mir immer wieder Fotos ihrer gestrichenen Werke, die ich hier gerne teile:
Wie komme ich auf die richtige Idee?
Ich würde zunächst Ideen in Form von Fotos sammeln und schauen, ob einem immer wieder die gleichen Farbkombinationen gefallen. Pinterest oder Instagram sind sehr gute Inspirationsquellen. Es gibt dort auch viele Fotos mit Step-by-Step-Erklärungen.
Wer lieber in Zeitschriften blättert, kann inspirierende Fotos ausschneiden und in Form von einem Moodboard zusammenstellen.
Welche Farbe passt auf das Möbelstück und in den Raum?
Wenn sich die Idee konkretisiert hat, solltest du dir Farbmuster besorgen.
- Wenn möglich, suche den Farbton nicht im Geschäft aus, sondern mach dir ein Farbmuster, das mindestens A6 (besser größer) groß sein sollte. Manche Farbenhersteller bieten diese Art Muster auch schon an.
- Probiere an Ort und Stelle in deinen Räumen aus, wie die Farbe auf dem Möbelstück wirkt.
- Bedenke außerdem, dass glänzende Farben beziehungsweise Lacke je nach Hersteller heller oder dunkler wirken als matte Farben.
Helle oder dunkle Farbe? Wie ist die Wirkung?
Viele haben Hemmungen, kräftige oder dunkle Farbtöne zu verwenden. Wir vergessen dabei oft, dass viele Holzmöbel schon von Natur aus dunkel sind und man durch farbige oder dunkel gestrichene Möbel Akzente setzen kann und Kontraste schafft.
Hier ein Beispiel einer sehr ähnlichen Kommode, die einmal hell und einmal dunkel angestrichen wurde:
Tipps
Zu viele Holztöne wirken nicht schön. Hier empfehle ich oft, das Holz, das am wenigsten hochwertig aussieht, zu streichen.
Anschleifen, warum?
Leichtes Anschleifen sorgt dafür, dass der anschließende Anstrich besser haften kann. Auch wenn manche Hersteller sagen, dass ihre Farben auch ohne Anschleifen haften, empfehle ich grundsätzlich, Möbel, die im Alltag verwendet werden, anzuschleifen. Die Haftung wird definitiv verbessert.
Hinweis: In meinem Blogbeitrag „Kommode streichen“ erkläre ich Schritt für Schritt, wie man technisch vorgehen muss, um ein Möbelstück anzumalen.
Grundieren, warum?
Trotz Anschleifen benötigt man für viele Holzoberflächen eine Grundierung. Die Grundierung sorgt dafür, dass der Anstrich gleichmäßig antrocknet, gut haftet und alte Öle oder andere Holzinhaltsstoffe den Anstrich nicht verfärben.
Für folgende Holzarten würde ich immer eine Grundierung mit Sperrgrund empfehlen: Eiche, Mahagoni und Kiefernholz neigen dazu, Holzinhaltsstoffe abzusondern und den Folgeanstrich gelblich zu verfärben.
Kann ich kunststoffbeschichtete Oberflächen streichen?
Farbe muss auf einem Untergrund haften, um gut zu halten. Auf den typischen kunststoffbeschichteten Oberflächen günstiger Möbel haften die meisten Farben nur schlecht. Deshalb bieten manche Hersteller Grundierungen an, die man zur besseren Haftung auftragen kann. Ich habe auch schon oft erlebt, dass Kunden kunststoffbeschichtete Möbel ohne Grundierung gestrichen haben, insbesondere wenn diese eher zur Deko im Raum standen (zum Beispiel ein Bücherregal). Bei stark beanspruchten Möbeln würde eine Farbe auf einer solchen Oberfläche nicht lange stabil halten.
Angemalte kunststoffbeschichtete Kommode:
Lackieren oder streichen mit Kreidefarbe?
Kreidefarbe ist eine matte, sehr einfach zu verarbeitende Dispersionsfarbe, die immer beliebter wird, um alte Möbel anzustreichen. Sie trägt ihren Namen wegen ihrer sehr pudrig matten Oberfläche. Die meisten Kreidefarben muss man mit einem Wachs schützen, damit die matte Oberfläche widerstandsfähig wird.
Ich empfehle Kreidefarbe gerne für alte Möbel oder wenn man eine lebendigere Oberfläche mag. Das Wachs sorgt dafür, dass der Anstrich sehr natürlich wirkt und viel Tiefe hat. Allerdings ist Wachs hitzeempfindlich und dadurch für Tischoberflächen ungeeignet.
Ein Lack wirkt gleichmäßiger, aber auch nicht so natürlich. Dafür ist ein Anstrich mit Lack widerstandsfähiger und für stark beanspruchte Möbel besser geeignet.
Rolle oder Pinsel?
Lacke lassen sich am besten mit einer Lackrolle auftragen, wenn es sich um gerade Flächen handelt. Ich arbeite am liebsten mit Rolle und Pinsel: Mit der Rolle schaffe ich einen gleichmäßigen Farbauftrag und mit dem Pinsel streiche ich alles, was ich mit der Rolle nicht erreichen kann.
Tipp: Hochwertiges Arbeitsmaterial sorgt für ein besseres Ergebnis. Es lohnt sich, einmal in einen guten Pinsel zu investieren und diesen gut zu pflegen. Pinsel, die ständig Haare verlieren oder sehr grobe Borsten haben, sind zum Möbelstreichen ungeeignet.
Details zum richtigen Arbeitsmaterial und wie man ein Möbelstück am besten streicht, findest du in meinem Beitrag „Kommode streichen“.
Versiegeln mit Klarlack oder Wachs?
Wachs ist ein natürlich glänzender Schutz für Möbel, die mit Kreidefarbe gestrichen wurden. Es ist für eine normale Beanspruchung geeignet, allerdings nicht für beanspruchte Tischoberflächen gedacht. Wachs ist empfindlich gegen Hitze und Feuchtigkeit.
Klarlack wirkt auch in seiner matten Version glänzender und weniger natürlich. Dafür kann man ihn stärker beanspruchen.
Worauf sollte ich beim Farbenkauf achten?
Je nachdem, was man streichen möchte, würde ich auf folgende Dinge achten:
Ich hoffe, ich konnte durch meinen Beitrag Lust auf Streichen machen und zeigen, dass man alte Möbel durch Farbe in wahre Schmuckstücke verwandeln kann. Dank der wasserbasierenden Produkte, die es beim Maler, im Baumarkt und in verschiedenen Onlineshops gibt, ist es viel einfacher als früher, Möbel zu Hause selbst anzumalen.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Möbel streichen Suchtpotenzial hat – wenn man einmal erlebt hat, wie viel schöner ein angemaltes Möbelstück aussieht, möchte man immer mehr davon haben.