Farbenfrohes Land
Welche Farben haben wir im Kopf, wenn wir an Häuser in Schweden denken? Rot getünchte Häuser wie bei Michel aus Lönneberga? Oder eher die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf? Und in Südeuropa? Dort herrschen viele warme Töne vor: Beige, Ocker, Terracotta – auf jeden Fall geht es sehr farbenfroh zu. Und wie sieht es in Deutschland aus? Bei der eigenen Heimat lässt sich die Frage schon schwieriger beantworten.
Wenn man genauer hinschaut, entdeckt man eine erstaunliche Vielfalt an Farben – und einige regionale Unterschiede. Denn Klima und Landschaft prägen nicht nur die Menschen, sondern auch die Farben ihrer Häuser.
Der Norden: Klinker und Meer
Wo uns rauer Seewind um die Nase weht, spürt man auch farblich die Nähe zu Skandinavien: Hier dominieren roter Backstein und Klinker. Das gilt für die reetgedeckten Häuser auf dem Land genauso wie für die Städte. Ein Paradebeispiel ist Hamburg. Klinker, Backstein und Ziegel prägen große Teile der Hansestadt und zahlreiche architektonische Highlights, darunter das Chilehaus, das Planetarium und einen der Touristenmagnete schlechthin – die Speicherstadt.
Doch neben den typischen Klinkerfassaden mit ihren tiefen Farben zeigt sich noch ein weiteres Bild. Fassaden in leichten Pastellnuancen, hellen Gelbtönen, warmtonigem Orangeocker sowie kühlem Blau und Grau erinnern an die Nähe zum Meer – besonders eindrucksvoll zu sehen am Marktplatz in Wismar.
In Küstennähe werden übrigens auch gerne mal knallige Akzente gesetzt. Inspiriert von Fischerbooten erstrahlen hier und da Fensterrahmen, -läden und Türen in satten Lackfarben und beleben die Fassaden.
Mittendrin: Farbspiele mit Sandstein
Wer nach Farbe in der Landesmitte sucht, findet viel gelben und roten Sandstein. Aufgehellte Nuancen von warmen, erdigen Tönen prägen viele Ortschaften. Dazu gesellt sich aber auch gerne ein zartes Pastellrosé in Kombination mit warmen und kühltonigen Begleitfarben.
In der Domstadt Speyer zeigt sich zum Beispiel das reiche Farbspektrum des Sandsteins. Von Goldocker bis hin zu grünen und blauen Nuancen reicht der gelbe Sandstein. Häuser mit entsprechenden Fassaden erhalten oftmals noch farbige Akzente in Blautönen. Dies gilt auch für den roten Sandstein, der gerne für Sockel und Laibungen, also die Mauerflächen an Fenstern und Türen, verwendet wird und durch Fensterläden in grünlichem Ozeanblau einen schönen Kontrast erfährt.
Der Süden: kraftvoll und verspielt
Der Süden der Republik wartet mit einem facettenreichen Spektrum von leichten Pastellnuancen bis hin zu intensiven Farbtönen auf. Gerade für schmalere Fassaden werden gerne kräftige Farben wie Gelb, Rot und Grau verwendet.
Am Rathausplatz im bayerischen Kempten geht es etwas zurückhaltender, aber nicht weniger effektvoll zu. Hier sorgen Fassaden in kühlen Blau- und Graunuancen für ein klassisches Erscheinungsbild. Eine ähnliche Szenerie erwartet die Besucher in Landsberg. Auf großen Flächen und mit ausreichend Sonnenschein wirken die Farben noch einmal kräftiger.
Neben Farbspielen und besonderen Putztechniken verzieren im Süden oft auch dekorative und historische Malereien, Ornamente sowie Umrahmungen von Fenstern und Türen, sogenannte Faschen, die Fassaden.
Vielfalt für die Augen
Küsten und Seenplatten, Berge und Gebirge, Wiesen und Wälder – so vielseitig wie die Landschaften sind in Deutschland auch die Fassaden. Wer einmal quer durchs Land reist, wird schnell feststellen, dass jede Region ihre farbigen Besonderheiten hat.
Übrigens: Die regionalen Unterschiede sind zwar mitunter historisch gewachsen, doch es wird auch auf ihren Erhalt geachtet. Wer seinem Haus einen neuen Anstrich verpassen möchte, sollte deshalb im Vorfeld bei der zuständigen Baubehörde nachfragen, ob die gewählte Farbe verwendet werden darf oder ob sie das Stadtbild stören würde und deswegen abgelehnt wird. Besonders strenge Regeln gelten dabei für denkmalgeschützte Gebäude. Hier ist oft sogar eine bestimmte Farbe vorgeschrieben – oder ob die Fassade überhaupt verändert werden darf.