Frau liegt mit Kopfhörern auf einem Sofa, hellrote Wand, Tisch, Balkontür mit Fensterladen
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Farbe erleben im Alter


Nicht nur das Gehör lässt im Alter nach, auch das Sehvermögen. Wenn das bei der Farbgestaltung berücksichtigt wird, gewinnen ältere Menschen mehr Selbstständigkeit im Alltag.

Noch ist Großmutter Heide gesund und lebt selbstständig im eigenen Zuhause, das sie liebevoll gestaltet hat. Sie liebt es, frische Blumen vom Markt aufzustellen, und hat erst vor Kurzem ihr Wohnzimmer in einem strahlenden Orange streichen lassen. Doch wie viele ältere Menschen macht sie sich Gedanken, wie sie in Zukunft leben wird. Das Pflegeheim, in das eine ihrer Freundinnen vor einigen Wochen gezogen ist, hat ihr auf den ersten Blick ganz gut gefallen, nicht zuletzt wegen der angenehmen Gestaltung der Räume. Heide könnte sich gut vorstellen, später auch dort zu leben. Was sie vielleicht intuitiv gespürt, aber wahrscheinlich nicht bewusst wahrgenommen hat: Die farbliche Gestaltung der Räumlichkeiten lädt nicht einfach nur zum Wohlfühlen ein. Dahinter steckt noch mehr.



Wer seine Bedürfnisse kennt, kann sein Zuhause bestmöglich danach gestalten. Dabei hilft die Wohnpsychologie.

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Im Alter nimmt das Sehvermögen ab

Tatsächlich verbirgt sich hinter der Farbgestaltung und Einrichtung von Senioren- und Pflegeheimen, aber auch von Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen ein ausgeklügeltes Farbkonzept, das gerade älteren Menschen dabei hilft, sich zu orientieren und zurechtzufinden. Denn im Alter verändert sich die optische Wahrnehmungsfähigkeit: Neben typischen Anzeichen wie der Altersweitsichtigkeit führen Augenkrankheiten häufig zu räumlichen Verzerrungen, Farbwahrnehmungsstörungen, erhöhter Blendeempfindlichkeit und zur Einengung des Gesichtsfeldes. Farben werden zudem blasser wahrgenommen, und die durchlassende Helligkeit wird geringer. Das betrifft vor allem den blauen Spektralbereich, sodass ältere Menschen blaue, blaugrüne und violette Farbtöne nur eingeschränkt wahrnehmen können. Insbesondere Demenzpatienten sind auf eine farbliche Orientierung angewiesen – sie leiden stärker an Sehbehinderungen als Senioren mit den üblichen Alterseinschränkungen.

Altenpflegerin schiebt Patient auf Rollstuhl durch Pflegeheim
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Die Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland wird sich von 3,4 Millionen Menschen im Jahr 2017 auf voraussichtlich 4,1 Millionen Im Jahr 2030 erhöhen.

Besser orientieren dank Farbe

Auf diese veränderten Bedürfnisse im Alter wird inzwischen in vielen Einrichtungen der Pflege und des betreuten Wohnens Rücksicht genommen. Ältere Menschen fühlen sich meist mit hellen, aber intensiven Farbtöne wohl. Deshalb werden häufig vor allem kräftige, warmtonige Farben und Materialien eingesetzt. Vertraute Farbstimmungen – etwa aus der Natur – schaffen Erinnerungsräume. Sie geben ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit.

In den oft großen Pflegeeinrichtungen helfen farbige Leitsysteme und große Symbole in den Fluren den älteren Menschen dabei, sich zurechtzufinden. Türen in unterschiedlichen Farben unterstützen sie ebenfalls bei der Orientierung. Die Türen zu den Bewohnerzimmern unterscheiden sich daher farblich meist deutlich von denen der Gemeinschaftsräume. Die Türen zu Versorgungsräumen, die die Bewohner nicht betreten sollen, treten meist durch einen farbigen Anstrich im gleichen Ton wie die Wand optisch in den Hintergrund.

Aufenthaltsraum mit blauer Wand und blauem Sofa
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Farbakzente für mehr Sicherheit

So weit muss man in den eigenen vier Wänden nicht gehen. Doch auch hier können mit kleinen Kniffen Akzente gesetzt werden, die den Alltag erleichtern – auch wenn man sich noch vergleichsweise fit fühlt wie Heide. Das betrifft nicht nur die Farbe an den Wänden, sondern auch von Böden, Decken, Möbeln und Textilien. Stolperfallen wie hervorstehende Möbelstücke oder Vorsprünge können farblich hervorgehoben werden, um die Gefahr von Unfällen zu minimieren. Für ein sicheres Gehen ist ein ausreichender Helligkeitsunterschied zwischen Wand- und Bodenfarbe wichtig. Ein reiner Farbkontrast reicht hier meist nicht aus, entscheidender ist der Helligkeitskontrast, da er für sehbeeinträchtigte Menschen besser erkennbar ist. Monochrome Bodenbeläge in Erdfarben vermitteln älteren Menschen Trittfestigkeit. Zu dunkel sollten Böden jedoch nicht sein, denn sonst könnten sie – besonders von Demenzpatienten – als Abgründe wahrgenommen werden.

Farbe zum Wohlfühlen

Eine gelungene Farbgestaltung erleichtert nicht nur das Zurechtfinden und sorgt für Sicherheit, sondern wirkt sich auch positiv auf das Wohlbefinden aus. Oft verbringen ältere Menschen den Großteil des Tages zu Hause, und ansprechende Farben können ihnen ein Gefühl der Geborgenheit vermitteln. Für Aufenthaltsräume oder das eigene Wohnzimmer eignen sich anregende, bunte Farben. Je privater der Raum, desto ruhiger sollten die Farbtöne sein. Allerdings ergibt nur ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unterschiedlichen Farben, Kontrasten und neutralen Farbbereichen in Weiß oder Grautönen ein angenehmes Raumgefühl. Eine zu einseitige Farbgestaltung oder stark gemusterte Bodenbeläge oder Tapeten hingegen können zu einer Reizüberflutung führen. Richtig eingesetzt, lässt sich mit Farbe also viel erreichen.

Senior sitzt im Sessel und liest, blaue Kommode vor blauer Wand, Terrassentür
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