Fassadenmalerei mit dreidimensionalem Effekt von Peeta (2019)
© Peeta / Profilwerkstatt

Mannheim in all seinen Farben entdecken


Tschüss, öder Stadtrundgang. Hallo, farbenfrohe Mural-Tour! In unserer Serie zeigen wir euch, wie ihr tolle Städte auf eine kreative Art erkunden könnt. Seid ihr schon gespannt? Na dann: Auf die Straße, fertig, los!

Wer durch die Viertel Mannheims spaziert, kann sich ihnen nicht entziehen: Mural-Malereien schmücken großflächige Hausfassaden, tauchen überraschend um die nächste Ecke auf oder verwandeln Stromkästen in urbane Kunstwerke. Und das ist kein Zufall. Das Projekt „Stadt.Wand.Kunst“ lädt jeden Sommer Mural-Künstler dazu ein, weitere Hauswände zu bemalen, und macht Mannheim so bundesweit für seine Murals bekannt. Das Ergebnis: das „Open Urban Art Museum Mannheim“ – eine für alle Mannheimer und alle Besucher der Stadt frei zugängliche Galerie. Ganz nach dem Motto #LebeFarbe haben wir uns in ein Stadtabenteuer gestürzt und versorgen euch hier mit Tipps für eine Mural-Tour durch Mannheim.

Vorbereitungstipps für die Tour: Mannheim ist gut mit dem Auto oder dem Zug erreichbar. Die Bahn bietet sich als Mittel der Wahl an, weil der erste Part des Rundgangs direkt am Mannheimer Hauptbahnhof startet. Es lohnt sich, vorher zu überlegen, wie viel Zeit ihr an dem Tag mitbringt und wie gut ihr zu Fuß unterwegs seid. Je nachdem könnt ihr euch entscheiden, die Tour zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem E-Scooter zu machen.

Infotafel zum Mural-Projekt „Stadt.Wand.Kunst“
© Stadt.Wand.Kunst / Profilwerkstatt

Von Mural zu Mural

Die Projektwebsite von „Stadt.Wand.Kunst“ bietet einen guten Überblick, welche Murals euch in Mannheim erwarten und wie die Strecken durch die Stadt verlaufen. Denn es gibt zwei offizielle Routen der Initiative: Eine verläuft durch die Innenstadt und eine weitere durch die Neckarstadt-West. Die Übersichtskarte hilft bei der Orientierung und kann unterwegs ganz einfach digital genutzt werden. Wahlweise gibt es im Tourismusbüro in Mannheim eine analoge Variante der Karte, die ihr dort kostenlos mitnehmen könnt. Natürlich müsst ihr nicht alle 33 Murals anschauen, die auf der Karte eingetragen sind. So haben auch wir uns entschieden und sind die Innenstadt-Route und die Neckarstadt-West-Route in Teilen abgelaufen.

Auf los geht’s los!

Für uns startet die Tour am Mannheimer Hauptbahnhof, denn dort gibt es bereits ein erstes Mural in der Unterführung. Wir gehen vorbei an einem riesigen Fisch, der vom Künstler Jens Richter auf die Wand gesprayt und gemalt wurde. Der Fisch treibt nicht durch ein Gewässer, sondern vorbei an Bäumen durch einen Wald. Das ruhige Werk steht damit im Kontrast zum geschäftigen Treiben des Bahnhofs. Ein toller Start, der direkt Lust auf mehr Murals macht. Am Ende der Unterführung wird das „Open Urban Art Museum Mannheim“ auf einer Tafel angekündigt – und wir bekommen einen Eindruck davon, was uns heute noch erwartet.

Riesiger Fisch im Werk „Unterwegs“ von Jens Richter am Hauptbahnhof Mannheim (2019)
© Jens Richter / Profilwerkstatt

Entdeckungstour durch die bunte Innenstadt

Vom Hauptbahnhof laufen wir den Kaiserring runter. Kurz vor dem Mannheimer Wasserturm biegen wir links ab – wer will, kann sich das Mannheimer Wahrzeichen bei dieser Gelegenheit auch noch schnell anschauen. In der nächsten Straße entdecken wir erneut ein Mural, zunächst unscheinbar, hinter parkenden Autos und Mülltonnen an der Wand einer französischen Schule: „L’École Buissonnière“ von dem französischen Künstler Seth Globepainter zeigt einen Fahnenzug aus drei Kindern. Die Backsteine der Mauern des Gebäudes sind in die Gestaltung des Murals integriert. Es geht darum, von Zeit zu Zeit auszubrechen, aus Mauern wie auch aus Gedanken.

Bevor es zur „Mural-Insel“ geht, entdecken wir ein Mural, das weit oben über unseren Köpfen weilt. Auf dem Kunstwerk des Künstler-Duos Sourati ist eine Dame zu sehen, die eine Glocke mit dem Schriftzug „Silence“ hält. Das Mural stellt einen Kontrast zur Umgebung in der umtriebigen Seitenstraße zur Fußgängerzone dar und lädt zum Nachdenken ein.

„L’École Buissonnière“ von Seth Globepainter an der Fassade einer Schule (2020)


„Silence“ von Sourati an einer Hauswand (2020)


Open Art Gallery in Mannheim: Wie alles begann

Wir erreichen das Mural „My Superhero Power Is Forgiveness“ von HERAKUT. Das Künstler-Duo schloss sich bereits 2004 zusammen und prägt seitdem mit seinen Werken den Stil der Szene. 2013 suchte das weltweit etablierte Duo eine Wand für sein „Giant Storybook Project“ – ein Bilderbuch-Projekt, bei dem die einzelnen Seiten eines Buches auf riesige Hauswände in der ganzen Welt gemalt wurden.

Um HERAKUT zu unterstützen, stellte die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft kurzerhand eine Wand zur Verfügung. Die Reaktionen auf das dort entstandene Mural waren überwältigend – und das Projekt „Stadt.Wand.Kunst“ war geboren. Es lädt seitdem jeden Sommer Künstler ein, neue Wände zu verschönern. So entstand nach und nach eine Open Art Gallery, die stetig wächst und jedem zugänglich ist.

Wir entdecken rund um das Mural von HERAKUT noch einige andere bemalte Hausfassaden im gesamten Karree. Die Murals der Künstler Akut, Low Bros und THE CAVER zeigen Motive von riesigen fotorealistischen Portraits bis zu abstrakter, bunter Kunst.

Mural „My Superhero Power Is Forgiveness“ von HERAKUT (2013)
© HERAKUT / Profilwerkstatt

Kunst im Quadrat: „New Wave“ von den Low Bros (2017)


„Gegen das Vergessen“ von Akut (2020)


„Feels Like Home“ von THE CAVER (2020)


Street Art, so weit das Auge reicht

Auch abseits der in der Karte eingezeichneten Murals entdecken wir Street Art. Eine farbige Malerei, die sich um eine Fassadenecke befindet. Kleine Vögelchen an der Wand über einem Briefkasten. Oder Stromkästen in Regenbogenfarben vor einem Spielplatz. Die vielen Farben machen die Wohnviertel lebhaft, werten ansonsten triste Ecken auf und sorgen für gute Laune.



Pausen-Tipp: Das Café Patina am Luisenring, das an der Grenze zum Viertel Jungbusch liegt, ist ein beliebter Treffpunkt bei Einheimischen. Neben veganem und vegetarischem Essen, Kuchen und Kaffee gibt es hier auch Schmuck, Kunsthandwerk, Kleinkunst, Postkarten und vieles mehr.

Mural Art in der Mannheimer Innenstadt
© Profilwerkstatt

Runde 2 in der Neckarstadt-West

Über die Kurpfalzbrücke begeben wir uns in die Neckarstadt-West, einen weiteren trubeligen Stadtteil Mannheims, der sich auf der anderen Rheinseite befindet. Der Alte Meßplatz ist der Startpunkt des zweiten Teils unserer Tour. Hier bekommen wir schon einen ersten Eindruck vom Viertel: Cafés, Kioske und Traditionskneipen sind bunt durchmischt. Wir spüren das pulsierende, multikulturelle Leben der Neckarstadt-West und biegen in eine vom Platz abgehende Straße ein. Dort treffen wir auf das erste Mural im zweiten Teil der Tour: „Focus On The Good“ des Künstlers 1010 zieht uns mit seinen Farbabstufungen und Schattenspielen in den Bann. Das Mural sieht dreidimensional aus – und wir haben auf den ersten Blick den Eindruck, dass es den gemalten Hohlraum des Kunstwerks wirklich gäbe.

Wir ziehen weiter durchs Viertel und entdecken noch einige Murals – wie zum Beispiel „Jump Through Time“ von Waone Interesni Kazki und „Stairway To Heaven“ von Bond Truluv. Manche müssen wir erst suchen, andere sehen wir bereits von weitem. Manche sind einfach nur wunderschön, andere regen zum Nachdenken und Interpretieren an. Nachdem wir die Neckarstadt-West erkundet und jede Menge Kunst gesehen haben, beenden wir unsere Mural-Tour. Wer noch mehr sehen will oder mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann jedoch noch eine Runde durch das Viertel Neckarstadt-Ost drehen oder in die Viertel Franklin und Vogelstang radeln.

Hippes Café im Jungbusch in Mannheim
© Profilwerkstatt

Farbeffekte und Schattenspiele bei „Focus On The Good“ von 1010 in der Neckarstadt-West (2018)


Mural mit dreidimensionalem Effekt von Peeta (2019)


„Jump Through Time“ von Waone Interesni Kazki (2018)


„Insomnia“ von SatOne (2015)


„Stairway To Heaven“ von Bond Truluv (2020)


„Multicultural Balance“ von Ruben Sanchez (2019)


Ein Stadtrundgang der anderen Art – unser Fazit

Ein echtes Highlight für alle, die Farben lieben: Bei einer Mural-Tour durch Mannheim lässt sich eine einmalige Facette von urbaner Kunst entdecken. Die vielen verschiedenen Farben und Muster der Kunstwerke sind nicht nur schön anzusehen, sondern bieten auch jede Menge Inspiration für den Alltag. Wir konnten die Viertel authentisch entdecken und haben ein Gefühl für das Leben in Mannheim bekommen. Die Mural-Tour besitzt einen echten Mehrwert, denn sie macht Farbe erlebbar und bringt Positivität mit sich. Für uns steht fest: Wer Mannheim kennenlernen will, kommt an einer Mural-Tour nicht vorbei!