© XI DE SIGN

Alle Wände voll zu tun


Kimo, Bolle und Jörni leben Hip-Hop. In ihrer Jugend sprayten sie auf Züge. Heute lassen sie triste Fassaden in Farbe erstrahlen. Das Mural-Unternehmen der drei Berliner malt für Brands wie Netflix und Sony Music.

Die Sonne umspielt ihre Gesichtszüge, lässt das rote Oberteil leuchten. Das Mural von „Nairobi“ aus der Netflix-Serie „Haus des Geldes“ erstreckt sich über vier Stockwerke. Wer an dem Kunstwerk vorbeigeht, der kann sich ihm kaum entziehen. Die porträtierte Schönheit scheint die Passanten direkt anzusehen. Das im Jahr 2020 in Köln und Berlin umgesetzte Kunstwerk zog nicht nur Serienfans in seinen Bann – es wurde zum Stadtgespräch.

Der Mural-Effekt

Wenn das Berliner Unternehmen XI DE SIGN anrückt, dann ist eines klar: Es wird bunt! Die Mural-Experten gestalten Fassaden mehrstöckiger Gebäude. „Unsere Qualität ist so krass, dass manche Leute denken, es sind Poster.“ Für Gründer Kimo von Rekowski liegt der Unterschied allerdings auf der Hand: „Es interessiert niemanden, wenn du ein Plakat aufhängst. Aber wenn du ein Mural malst, bleiben automatisch viele stehen und schauen hin.“ Und genau dieser Effekt hebt die Fassadenkunstwerke von klassischer Außenwerbung ab: Passanten beobachten bereits den Entstehungsprozess. Sie bleiben stehen und machen Fotos. Dadurch animieren sie wiederum andere Passanten, und schon ist eine Menschentraube entstanden.

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Vom Hip-Hop zum Unternehmen

„Wir waren mal Künstler, wurden dann zu Geschäftsleuten, um wiederum Künstler sein zu können“, sagt Kimo. Der Werdegang des Gründer-Trios, bestehend aus Kimo von Rekowski, Marco Bollenbach und Jörn Reiners – oder wie sie sich selbst nennen: Kimo, Bolle und Jörni – begann in der Hip-Hop-Szene. Für Kimo gehörte das Sprayen immer dazu: „Graffiti ist Hip-Hop, und Hip-Hop ist eine Lebenseinstellung.“ Auch heute sind die drei Berliner noch in der Szene unterwegs. Als Künstlerkollektiv „Die Dixons“ lassen sie etwa beim Berlin Mural Festival Künstler aus aller Welt Wände in Berlin gestalten. Oder sie verwandeln „The Haus“, ein leer stehendes Gebäude, in eine 10.000 Quadratmeter große Kunstgalerie. Um all das tun zu können, hat das Trio vor beinahe 30 Jahren eine Entscheidung getroffen: Sie haben fotorealistische Murals zu ihrem Aushängeschild gemacht.


 
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„Wir waren mal Künstler, wurden dann zu Geschäftsleuten, um wiederum Künstler sein zu können.“

Wie ein Mural entsteht

„Mit grobem Werkzeug ein Porträt zu sprayen, das musst du schon draufhaben. Jörni war einer der Ersten, die das konnten“, erklärt Kimo. In den 90er Jahren habe man größtenteils mit Sprühdosen gearbeitet, was fotorealistische Motive zu einer echten Herausforderung machte. Die Murals von XI DE SIGN entstehen heute mithilfe von digitalen Vorlagen, Rastern und Schablonen. Die Künstler versehen die Fassaden zunächst mit einer Grundierung, bevor sie größere Flächen mit Fassadenfarbe streichen. Für die Details kommen dann Acrylfarben oder andere Spezialfarben zum Einsatz. Auch mit der im Trend liegenden Airlite-Farbe befassen sich die drei Kreativen. „Wir testen gerade zusammen mit der TU Berlin, wie gut Airlite-Farbe wirklich wirkt“, erklärt Kimo. Die Ökofarbe verspricht die Luftqualität zu verbessern. Dabei kommen Nanopartikel zum Einsatz, die Schadstoffe aus der Luft abbauen und gleichzeitig Bakterien, Viren und Schimmelpilzsporen abweisen.





Fassadenkunst mit Botschaft

„Außer auf Handwerk und Präzision setzen wir auf Sonderumsetzungen.“ Damit meint Kimo Murals, die sie mit Beamer-Projektionen, 3-D-Installationen, UV- oder LED-Beleuchtungen inszenieren. So ließ das Unternehmen für die Europawahl 2019 im Auftrag der Stadt Berlin über drei Monate hinweg Replikate des Mona-Lisa-Porträts an verschiedenen Fassaden der Hauptstadt auftauchen. Zwischenzeitlich „schnitten“ sie die Mona Lisa aus dem Porträt aus und schickten sie im wahrsten Sinne des Wortes auf Europatour. Über Social Media meldete sich die Mona Lisa dann aus den Hauptstädten Europas und erschien dort als Projektion auf diversen Häuserwänden. In den verwaisten Berliner Porträts befand sich derweil ein gelbes Post-it mit der Aufschrift „Bin auf Europareise“. Zum Ende der Aktion kehrte die Mona Lisa an ihren Ursprungsort zurück, nur um ihn wenige Tage später für die Wahl wieder zu verlassen. Dieses Mal zeigte das Post-it: „Bin dann mal wählen“.



Nachhaltigkeit ist dir wichtig? Dann haben wir hier Tipps, wie du umweltbewusst mit Farbe, Pinsel und Co. arbeiten kannst:


Im Rahmen der Berlin-Kampagne #FreiheitBerlin hat XI DE SIGN die Mona Lisa gleich drei Mal nach Berlin geholt, um im Namen Berlins ein Zeichen für Freiheit und ein vereintes Europa zu setzen.


Farbenfrohe Zukunft

So spielt das Berliner Trio mit der Kunst, verleiht ihr immer wieder einen neuen Anstrich. „Als der Trend von Amerika hier rüberschwappte, haben wir uns vorgenommen, die Hosen in Europa anzuhaben“, sagt Kimo. Ob der Plan aufgegangen ist? Die Kundschaft von XI DE SIGN besteht aus niemand Geringeren als Warner Bros., Sony Music, Nike oder auch Lufthansa. Und im vergangenen Jahr haben Kimo, Bolle und Jörni einen weiteren Meilenstein geknackt: „Wir haben 2021 zum ersten Mal über hundert Murals an die Wand gebracht.“



Wusstest du, dass Murals ursprünglich aus Lateinamerika kommen? Was hinter den farbigen Kunstwerken steckt: