Wenn Farbe die Hausnummer ersetzt
Das grüne Haus, die Anwohnenden kennen es. Denn der Name ist Programm in der Straße. Das Vier-Parteien-Haus fügt sich perfekt in die pastellfarbene Häuserreihe im Gründerzeitstil ein. Es ist das Zuhause von Anke im Süden Darmstadts. Wir sprechen heute mit ihr über die Farben an ihrem Haus und in ihrem Leben.
Zur Person
Anke, Eigentümerin und Bewohnerin eines Gründerzeithauses im Darmstädter Stadtteil Bessungen. Ankes Haus ist Teil eines Gebäudeensembles aus der Gründerzeit. Typisch für den Baustil sind die Fassadenanstriche in zarten Pastell- und Cremetönen, große Fenster mit Umrandungen (sogenannte Faschen) sowie schlichte bis verspielte Ornamente und hohe Decken im Inneren. An ihrem Viertel schätzt Anke die schöne Architektur und eine lebendige Atmosphäre.
Fun-Fact
Darmstadt gilt als wichtiges Zentrum des Jugendstils. Ende des 19. Jahrhunderts zog dieser Architekturstil auch in Bessungen ein. Die Eigentümer brachten deshalb an vielen der rund 20 Jahre zuvor im Gründerzeitstil erbauten Häuser nachträglich Jugendstilelemente an. Für Laien ist es daher kaum ersichtlich, welches Haus aus welcher Zeit stammt. Die Architekturstile fließen dort, im wahrsten Sinne des Wortes, ineinander.
Liebe Anke, macht Farbe dein Leben bunter?
Anke: Ein klares Ja. Oder um Walter Gropius zu zitieren: Meine Lieblingsfarbe ist bunt. (Lacht)
Wo findet sich überall Farbe in deinem Alltag wieder?
Anke: In meiner Kleidung, in der Einrichtung oder auch am Auto. Ich hatte einmal ein schwarzes Auto. Das habe ich in Tiefgaragen nie gefunden. Bis auf diese eine Ausnahme fahre ich deshalb immer farbige Autos.
Farbe gibt dir also Orientierung. Empfindest du dein Zuhause als farbenfroh?
Anke: Farbe ist bei uns hier im Haus schon angesagt. Ich finde Weiß an allen Wänden langweilig. Bunt ist einfach schöner als monochrom.
Bunt ist einfach schöner als monochrom.
Wie entscheidest du, welche Farbe wohin kommt?
Anke: Die Farbe muss zu den Möbeln und der Stimmung im Raum passen. Deshalb haben wir zum Beispiel für das Schlafzimmer einen ruhigen Blauton gewählt. Manche Entscheidungen fallen aber auch intuitiv, bevor wir sie groß durchdacht haben.
Was ist mit eurer hellgrünen Fassade? Bauch- oder Kopfentscheidung?
Anke: Beides. Mit dem Anstrich greifen wir die historische Farbe des Hauses auf. Es ist nämlich so: Als wir das Haus vor 13 Jahren gekauft haben, war es bereits hellgrün. Allerdings auch baufällig. Wir konnten uns sehr gut vorstellen, dass ein frischer Anstrich toll aussehen würde. Also unternahmen wir einen Spaziergang im Viertel und ließen uns von anderen Fassaden inspirieren. Die Häuser in Bessungen stammen vorwiegend aus der Gründerzeit. Typisch sind die Fassaden in den Pastelltönen Lavendel, Zartgelb und Grau-Blau. Am Ende haben wir uns für die ursprüngliche Farbe entschieden. Nachdem uns ein Maler verschiedene Grüntöne an die Wand gestrichen hat, suchten wir den Ton aus, der uns am besten gefiel.
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Wie empfindest du die hellgrüne Fassade? Welche Stimmung transportiert sie für dich?
Anke: In meinen Augen wirkt die Farbe sehr natürlich. Die benachbarten Häuser haben alle einen kleinen Vorgarten und einen Zaun im Gründerzeitstil. Das zarte Grün sieht einfach schön dazu aus. Dadurch fügt sich die Fassade perfekt in die Umgebung ein.
Wir bekommen häufig Komplimente für unsere farbige Fassade.
In eurem Fall funktioniert also das Anpassen an die Umgebung nicht mit weißer, sondern mit bunter Farbe. Bekommt ihr denn manchmal Komplimente für den Anstrich?
Anke: Ja, viele. Unser Haus ist in der Straße als „das grüne Haus“ bekannt. Der Titel ersetzt sogar die Hausnummer. Leute geben das teilweise im Taxi als Orientierungspunkt an.
Musstet ihr euch bei der Farbauswahl an Vorgaben halten?
Anke: Das Haus steht unter Ensembleschutz. Das bedeutet, dass die Gebäudereihe in unserer Straße erhalten werden muss. Wir dürfen zum Beispiel nichts an unserem Zaun verändern. Da sich die hellgrüne Fassade hier wunderbar einreiht, war die Farbe dagegen kein Problem.
Dein Zuhause in drei Worten. Welche wählst du?
Anke: Klar. Harmonisch. Unfertig.
Was meinst du mit unfertig?
Anke: Es ist nie fertig. Immer wartet eine neue Ecke darauf, verändert zu werden. Als Nächstes ist unser Speisebereich dran. Er wird zartgrün, so wie unsere Fassade.
Ob die Farbe wohl im Blut liegt? Anke erzählt uns, dass ihr Vater bei seinem Haus ebenfalls auf einen bunten Anstrich setzt. Seine Fassade in Knallorange fällt in der sonst sehr weiß gehaltenen Siedlung auf wie ein bunter Hund, und Spaziergänger sprechen ihn häufig auf sein Farb-Statement an.
Auf die Plätze, fertig, los! Erfahre, was ansteht, bevor die Farbe ins Rollen kommt!